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Energieanbieter müssen sich stärker mit unterschiedlichen Kundentypen auseinandersetzen

EnergieStudieTNS
Serviceorientierte Energiekunden unterscheiden sich in ihrem Semiometrie-Profil deutlich von anderen. © Kantar TNS und CoObeya
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Noch vor wenigen Jahren hat die ganze Branche nur in ‚Anschlüssen' gedacht. ‚Kunden' waren irrelevant", erklärt Uwe Weinreich von CoObeya, der die dramatischen Marktveränderungen für Energieanbieter in den letzten Jahren als Strategieberater begleitet hat. Weiter erläutert er: "Mittlerweile hat jeder verstanden, dass Kunden individuell angesprochen werden wollen. Dennoch, in der Energiewirtschaft hinkt die Umsetzung kundenorientierten Wirtschaftens im Vergleich zu anderen verbrauchernahen Branchen aber immer noch weit zurück."

Energieanbietern, die Kunden gezielter ansprechen wollen, helfen die Ergebnisse der aktuellen Semiometrie-Studie von Kantar TNS und CoObeya. Darin wurden drei grundlegende Stromkunden-Typen identifiziert, die sich bezüglich ihrer Kundenwünsche und Werteorientierungen deutlich unterscheiden. Es zeigt sich, dass Stromkunden eine heterogene Zielgruppe sind, die durch die Untersuchung in "Service-Orientierte", "Konditionen-Fokussierte" und "Univolvierte Nichtwechsler" unterschieden werden können.

Mehr Service-Orientierte Kunden als vermutet

"Service-Orientierte" bilden mit 51 Prozent die größte Kundengruppe. In ihrem Semiometrie-Profil erweisen sie sich als sozial, familiär und lebensfroh. Bei ihrem Stromanbieter sind ihnen Service und Erreichbarkeit vor Ort besonders wichtig. Auch Ökologie und Nachhaltigkeit spielen für sie eine wichtige Rolle. "Service-Orientierte" wechseln durchaus den Energieanbieter. Der Preis kann dabei ein wichtiger Grund sein. Bei dieser Gruppe ist Kündigung aber immer auch ein Zeichen dafür, dass der Anbieter es nicht geschafft hat, sie durch Service zu begeistern. Während die Anbieter im Energiemarkt sich in den letzten Jahren insbesondere mit preissensitiven Kunden auseinandergesetzt haben, zeigen die Ergebnisse der Studie jedoch, dass ein hoher Anteil Kunden durch Service-Angebote, wie gute Erreichbarkeit oder Flexibilität in den Konditionen, überzeugt werden kann.

Nur jeder vierte achtet besonders auf die Konditionen

"Konditionen-Fokussierte" - also die klassischen Wechsler - sind mit einem Anteil von 24 Prozent ein deutlich kleineres Kundensegment. Bei ihnen steht die Suche nach dem günstigsten Angebot und den besten Konditionen im Vordergrund. Sie sind zudem besonders wechselbereit. In ihrem Semiometrie-Profil erweisen sie sich als selbstbewusste und kämpferische Individualisten und unterscheiden sich damit in ihren Werteorientierungen deutlich von den Service-Orientierten. Durch verbesserte Service-Angebote sind Konditionen-Fokussierte in der Regel nicht zu halten.

Uninvolvierte: Eine Kundengruppe, die leicht vergessen wird

Die verbleibenden 25 Prozent der Stromkunden bilden schließlich die Gruppe der "Uninvolvierten-Nichtwechsler". Es handelt sich um experimentierfreudige, unkonventionelle Individualisten, deren Interesse am Thema Stromanbieter allerdings eher gering ist. Entsprechend ist auch ihre Wechselbereitschaft im Vergleich zu den beiden anderen Kundengruppen besonders niedrig. Für diese Gruppe sind Angebote interessant, die einfach und komplikationslos sind. Man muss nicht an Energieversorgung denken müssen.

Die richtige Kundengruppe genau passend ansprechen

"Kunden suchen heute gezielt nach Angeboten, die zu ihren Bedürfnissen passen. Aufgrund der Heterogenität der Zielgruppe, sollten die Versorger ihre Produkte daher konkret auf einzelne Kundensegmente ausrichten. Konditionen-Fokussierte suchen insbesondere nach günstigen und flexiblen Tarifen. Service-Orientierte könnten sich dagegen auch für spezielle Smart Home-Angebote oder Security-Lösungen interessieren, die zu ihrem nach Stabilität und Sicherheit strebenden Persönlichkeitsprofil passen", erläutert Uwe Weinreich, Geschäftsführer des Beraternetzwerks CoObeya.net.

Die Semiometrie liefert aber nicht nur wichtige Hinweise für die Produktpolitik sondern insbesondere auch für eine zielgruppenadäquate Kommunikationsstrategie.

"Jede der drei Kundengruppen lebt in ihrer ganz eigenen Wertewelt. Die kommunikative Ansprache wird daher immer dann erfolgreich sein, wenn es mit den Mitteln von Sprache, Bildern und Motiven gelingt, den jeweiligen Wertehintergrund optimal zu adressieren. Für die Ansprache der "Service-Orientierten" eignen sich zum Beispiel Themen wie Familie, Gemeinschaft, Vertrauen, Lebensfreude, Verantwortung oder Verlässlichkeit. Ganz anders die Ansprache der "Konditionen-Fokussierten". Hier wären eher Aspekte wie Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Dynamik, Veränderung, Geradlinigkeit, Herausforderung oder Erfolg passend. Bei den experimentierfreudigen "Uninvolvierten Nichtwechslern" schließlich darf die Ansprache auch durchaus unkonventionell und lifestyle-geprägt sein", ergänzt André Petras, Leiter des Semiometrie Centres bei Kantar TNS.

Was ist Semiometrie? Qualitative Customer Insights auf quantitativer Basis

Semiometrie ist ein psychografisches Zielgruppenmodell, das schwerpunktmäßig im Bereich der strategischen Planung sowie für die Markenführung eingesetzt wird. Es basiert auf dem Ansatz, dass Wertevorstellungen von Menschen mittels der Beurteilung von 70 Begriffen abgebildet werden können. Untersuchte Gruppen definieren sich durch die Über- oder Unterbewertung dieser Wörter im Vergleich zu allen anderen Befragten. So entstehen Zielgruppendarstellungen in Bezug auf unterschiedliche Wertefelder, die die jeweilige Zielgruppe deutlich differenzierter und verhaltensnäher charakterisieren als dies mit den üblichen soziodemografischen Merkmalen möglich ist.

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veröffentlicht: 14.12.2016, © Uwe Weinreich