Teil 3: Lernen im blauen Meer - Azure

Menschliches Lernen, Maschinelles Lernen
und Intelligenz

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Uwe Weinreich berät und coacht norma­lerweise zu Themen Strategie, Innovation und digitale Transformation. Als Autor des Blogs  geht er in die direkte Auseinander-setzung mit Künstlicher Intelligenz. Der Ausgang ist unklar.

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Bereits veröffentlicht:

1. KI und ich - Ein Selbstversuch

2. Mathe, Technik und Fremdschämen

3. Lernen im blauen Meer - Azure

4. Experimente bis zum bitteren Ende

5. Der harte Weg zum Webservice

6. Textanalyse entzaubert

7. Vom Bild zum Erkennen

8. Schlechte Witze und Psychopathen

9. Sieben Management-Initiativen

10. Interview mit Dr. Zeplin, Otto Group

Übrigens, es ist Graeme Malcom, der durch die Einführungsvideos führt. Wer schottischen Akzent mag, kommt auf seine Kosten. Aber keine Sorge, die Texte sind gut verständlich und vorsichtshalber sogar transkribiert, sodass jeder folgen kann, auch wenn die Betonung mal ganz ungewöhnlich erscheint.

Malcom erklärt uns, dass wir im Kurs später selbst ein Modell erarbeiten werden, das Daten klassifiziert. Anschließend soll es als Webservice zur Verfügung stehen.

Malcom

Stufen des Lernens

Malcom bevorzugt übrigens den Begriff Machine Learning. Das scheint angemessen, denn zwischen Lernen und Intelligenz besteht durchaus ein Unterschied. Wenn Pawlows Hunde auf ein Klingelsignal mit Speichelfluss reagieren, gilt das zwar psychologisch als Lernprozess (klassische Konditionierung), setzt aber genausowenig Intelligenz voraus, wie wenn ein Bakterium chemotaktisch auf Nahrung zusteuert. Insofern müssen wir Lernen und Intelligenz trennen. In der folgenden Tabelle habe ich das für Organismen und Maschinen versucht:

 

 

Lernform Organismus Maschinelles Lernen
noch kein Lernen: Programmierung genetische Ausstattung, Prägung deterministischer Programmcode:
f(x) = y
Sensitivierung /
Habituation
Zu- oder Abnahme einer Reaktion auf einen Reiz, z.B. Gewöhnung an Lärm Kalibirierung von Sensorempfindlichkeit
assoziatives Lernen (klassisches / operantes Konditionieren) Reiz-Reaktions-Verknüpfung (z.B. Pawlows Hunde, Lernen durch Belohnung) Analyse von Zusammenhängen: Regression, Mustererkennung etc.
Lernen am Modell Nachahmung, soziales Lernen, Lernen aus reflektierter Erfahrung Modellbildung aufgrund von Beispieldaten, supervidiertes maschinelles Lernen, Deep Learning
Lernen durch Einsicht Problemlösen, Kreativität Künstliche Intelligenz

Ja, über diese Einteilung lässt sich streiten, nicht nur über die Zuordnung der Formen Maschinellen Lernens, sondern allein schon bei der Klassifizierung der unterschiedlichen Lernformen. Eines wird aber deutlich: Lernen setzt bereits ein, wenn Intellekt noch nicht erforderlich ist. Insofern ist Maschinelles Lernen umfassender als Künstliche Intelligenz.

Arbeiten mit Azure

Wie werden Lernformen in Azure organisiert? Wir erleben es anhand eines Beispiels. Es soll Modellbildung zum Thema Kalorienverbrauch betrieben werden. Was wir dafür brauchen sind

Malcom zeigt, wie ein Azure Machine Learning (ML) Workspace angelegt wird. Ärgerlich dabei: Durch die Regionserkennung bin ich auf die deutsche Azure-Seite umgeleitet worden. Die Begriffe sind da andere, ML Workspace heißt beispielsweise Machine Learning Studio-Arbeitsbereich. OK, darauf kann man noch kommen. Aber dass der Weg ihn zu erstellen ein anderer ist als im Video gezeigt, kostet Zeit und Nerven. Gefunden habe ich es dann unter dem Menüpunkt "Alle Dienste" gefunden.

azure-start

Das Modell wird erstellt

Zunächst werden Daten miteinander in Beziehung gesetzt und visualisiert. Auf einer grafischen Oberfläche ist es möglich, verschiedene Analyse-Operationen einfach per Mausklick zusammenzustellen. Das ist bisher weder KI noch neu. Schon vor mehr als 10 Jahren waren solche visuellen Analytik-Editoren bereits bekannt, zum Beispiel mit Clementine von SPSS, jetzt IBM SPSS Modeler. Das Ganze lief damals unter dem Begriff Data Mining.

MathProcessing

Ganz klar, an dieser Stelle braucht es schon ein bisschen Hintergrundwissen in Datenanalytik, sonst ist man verloren. Eine Erkenntnis, auf die jedoch jeder wahrscheinlich selbst gekommen wäre, ist, dass die Nutzer-ID nicht geeignet ist, um Vorhersagen zum Kalorienverbrauch zu machen.

Raffiniert und notwendig für supervidiertes Lernen: Die Daten werden per Zufall in Gruppen 70% zu 30% aufgeteilt. Mit den 70% wird das Modell erstellt. Danach wird es auf die restlichen 30% angewendet, um zu sehen, ob es zuverlässig funktioniert oder Fehler produziert.

Nicht überraschend, Beim Analytik-Experiment kommt heraus, dass ein Modell möglich ist, das den Kalorienverbrauch von Testpersonen relativ gut voraussagt. Genauso verläuft es im zweiten Experiment mit einem anderen Datensatz, wo die Analytik voraussagen soll, wer aus dem Datensatz Diabetes hat, also eine Übung zum Kategorisieren. Und natürlich funktioniert auch Beispiel drei, bei dem Blutspender in Cluster aufgeteilt werden sollen.

Ziemlich cool ist es, dass sich aus dem Experiment heraus – also dem Training des Modells und der Evaluierung – in Azure sofort ein Webservice erstellen lässt. Da nimmt das System einem wirklich viel Arbeit ab.

Die Erkenntnisse

Bei Künstlicher Intelligenz sind wir noch nicht angekommen, wohl aber bei Maschinellem Lernen bzw. einer Automatisierung von Analysesequenzen. Desweiteren bietet die Möglichkeit, Analyseinstrumente recht intuitiv zusammenzuklicken, viel Komfort und kann die Entwicklung deutlich erleichtern. Was das System einem nicht abnimmt, ist das Verständnis für die Analyse selbst. Ohne entsprechende Kenntnisse werden auch die raffiniertesten Verfahren kaum brauchbare Ergebnisse liefern. Und falls doch, wird es mit der Interpretation schwierig. Genauso gilt auf Datenseite die alte GIGO-Regel: "garbage in - garbage out", also, gibt man Datenmüll hinein, kommt auch nur Müll heraus.

Bis demnächst.

 

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veröffentlicht: 14.05.2018, © Uwe Weinreich